Warum sich eine geschlechtersensible Unternehmenskultur einfach lohnt - Nachbericht eines Impulsvortrags bei der Competentia Bergisches Städtedre

Über die Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt wird viel geschrieben - auch viel Polemik. Doch amtliche Statistiken und renommierte Studien zeigen, dass eine flächendeckende Gleichberechtigung von Frauen in der Arbeitswelt trotz gleicher Ausgangsbasis noch nicht erzielt ist.

Dabei ist eine stärkere Nutzung der "Ressource Frau", sprich: eine Steigerung der Teilhabe von Frauen an der Erwerbstätigkeit, durchaus nicht nur aus moralisch-ethischen Gründen, sondern auch ganz handfest ökonomisch im besten Interesse von Unternehmen und der Wirtschaft insgesamt - ebenfalls nachweislich.

Warum dennoch Frauenförderung ein so heiß diskutiertes Thema ist, erörterten die Teilnehmer des Business Snacks, zu dem das Kompetenzzentrum Frau und Beruf des Bergischen Städtedreiecks am 26.06.2018 geladen hatte. Unser Kernergebnis: Die Faktoren, die zur aktuellen Lage beitragen, sind höchst komplex. Gemein ist ihnen jedoch, dass sie auf Stereotypen zurückzuführen sind, die individuelle Entscheidungen von Arbeitnehmern wie auch die Personalpolitik von Organisationen prägen. Problematisch ist dabei, dass diese Stereotypen oft überkommene gesellschaftliche und wirtschaftliche Realitäten widerspiegeln. Und das erzeugt eben Spannungen.

Doch zunächst noch einmal zur aktuellen Sachlage: Frauen wählen tendenziell Berufe, die eher schlecher bezahlt werden. Trotz anfangs gleicher Ausgangslagen stecken Frauen beruflich eher zurück als Männer, um Kinder großzuziehen, die Hausarbeit zu leisten oder Angehörige zu pflegen; bei Trennungen übernehmen sie zu ca. 90% die Kinder.  Sie werden bei gleichem Verhalten und gleicher Leistung weniger positiv beurteilt als ihre männlichen Kollegen - übrigens unabhängig davon, ob die beurteilende Person männlich oder weiblich ist. Sie beurteilen auch die eigene Eignung kritische und sind daher weniger forsch, sich um Aufstiegspositionen zu bewerben. Daher sind Frauen auch seltener in Führungspositionen vertreten. Und erhalten im Alter weniger Rente. Und sind daher insgesamt eher armutsgefährdet als der männliche Teil der Bevölkerung. Und natürlich gibt es dadurch auch weniger weibliche Rollenvorbilder, an denen andere Frauen sich orientieren können.

Dabei lässt sich der Nutzen einer stärkeren Förderung von Frauen tatsächlich auch rechnerisch nachweisen. Zum einen können Unternehmen durch die stärkere Einbindung und Aktivierung von nicht / gering erwerbstätigen Frauen den Fachkräftemangel signifikant abmildern. Und zum anderen steigert eine höhere Diversität nachweislich die Innovationskraft und den finanziellen Erfolg von Unternehmen. In einem zunehmend komplexen, hochvernetzten, dynamischen und unsteten Umfeld, sind bekanntlich Agilität (schnelle Reaktions- und Entscheidungsfähigkeit), Mut und Perspektivvielfalt und die Fähigkeit, diverse und komplexe Zusammenhänge erkennen zu können, Schlüsselkompetenzen. Das geht eben am besten mit diversen Teams und durch gemeinschaftlichen "Pack-an". Wer konkrete Zahlen möchte, den verweise ich gerne auf die auch von der Bundesregierung und namhaften Unternehmen unterstützte "Initiative Chefsache"; deren Webseite bietet übrigens viele Anregungen, wie man Frauenförderung angehen kann.

Wie also fördert man eine geschlechtersensible Unternehmenskultur?

Wesentlich ist, der eigentlichen Ursache der Thematik auf den Grund zu gehen: Den eigenen Bildern im Kopf. Bilder, die sich in unserer Sprache und unserem Verhalten manifestieren (wozu übrigens auch zählt, wie wir Dinge bewerten). Klischeegeprägtes Verhalten, das uns bei besten Absichten dennoch unterläuft. Denn Stereotypen und Klischees darüber, was männlich und was weiblich ist, verfestigen sich schon in unserer frühen Kindheit, und sie beeinflussen unser Verhalten vor allem unbewusst durch die Werte, Überzeugungen und Einstellungen, die wir gebildet haben. Was nicht heißt, dass sie unveränderlich sind!

In Unternehmen gilt es, die Unternehmenskultur zu überprüfen: Und da sollte jeder bei sich selbst anfangen: Welche Bilder prägen das eigene Verhalten? Welche Worte verwende ich, um Dinge zu beschreiben? Sind meine Bewertungen sachlich begründet oder beruhen auf fraglichen unbewussten Urteilstendenzen? Reagiere ich unter sonst gleichen Rahmenbedingungen unterschiedlich auf Männer oder Frauen?

Und im unternehmerischen Kontext, wenn es darum geht, die Belegschaft unabhängig von Geschlecht (und auch von anderen eigentlich nicht sachdienlichen Differenzierungen) bestmöglich einzusetzen und zu motivieren, gilt dasselbe: Sind die Kriterien, die bei Auswahl, Leistungsbeurteilung, Entgeltbemessung und Beförderung zum Einsatz kommen, geschlechtsneutral? Wie werden Stellenanzeigen formuliert? Aus welchen Elementen werden die Vergütungspakete geschnürt, sind diese für beide Geschlechter gleichermaßen attraktiv und unterstützen sie z.B. auch den Wunsch der Männer, sich angemessen in die Familie einbringen zu können.

Manche dieser Dinge kann man durch Beauftragung der zuständigen Experten, z.B. im Personalbereich, erreichen, die dann z.B. Policies oder Vergütungsmodelle anpassen können. Für einen kraftvollen Wandel, dessen Maßnahmen nicht nur höhnisch als "Feigenblatt" wahrgenommen werden, sondern der bei den Mitarbeitenden die Lust auf's Mitgestalten weckt, empfiehlt sich jedoch, z.B. in Großgruppen-Veranstaltungen gemeinsam Ideen zu entwickeln, was sich ändern muss - aus Sicht aller Betroffenen. Denn dann kommen die eigentlichen Schmerzpunkte zu Tage - und zugleich können die Mitarbeitenden direkt und unmittelbar Lösungsvorschläge unter Berücksichtigung aller Perspektiven entwickeln.

Letztendlich sind es 1000 kleine Dinge, bei denen man ansetzen kann. Und in jedem Unternehmen sind es andere Aspekte. Wesentlich ist, als Individuum und Gemeinschaft in der Organisation selbstkritisch zu sein. Und mit einer Haltung der Demut den Menschen im Unternehmen entgegenzutreten: Wie können wir jedem einzelnen Menschen ein Umfeld bereiten, in dem sich Potenzial und Gestaltungskraft zum Wohle des Unternehmenns entfalten kann, in dem die Menschen auch selbst Nutzen aus ihren Beiträgen ziehen und in dem sie sich nicht verbiegen müssen?

Und wie gesagt: Eigentlich hilft diese Haltung nicht nur bei Männern und Frauen, sondern auch bei Jungen vs. Älteren, Deutschen vs. Migranten, Christen vs. anderen Religionsvertretern etc. Denn ist nicht jeder Mensch eigentlich ein Individuum mit ganz besonderem Potenzial?! Und nicht Spalten hilft, sondern mit offenem Ohr und Herzen Zusammenarbeiten!

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