Wie wir in Zukunft arbeiten werden: Im intrinsify.me-Zwiegespräch mit Antonia Wunderlich

Schnell noch die Pixi-Bücher für meinen Zwerg bezahlt, und dann flitze ich zum gemütlichen Café Kaffeezeit in Langenfeld - wie immer ein paar Minuten zu spät... Ich bin heute mit Antonia Wunderlich verabredet, die sich ebenso wie ich für die intrinsify.me-Aktion "Die Neue Wirtschaft im Zwiegespräch" gemeldet hat. Wir sind von intrinsify gematcht worden anhand unseres Wohnortes und unserer Antworten auf fünf Fragen. Dabei werden wir inhaltlich möglichst weit auseinanderliegen, damit wir auch was zu diskutieren haben. Was mich wundert, denn Antonia und ich sind uns bei einem Barcamp vor einem Jahr flüchtig begegnet; damals schienen wir eher große Übereinstimmung zu haben. Aber wer weiß, was das heutige Treffen so erbringt!

Ganz schnell kommen wir also ins Gespräch und machen uns erstmal besser miteinander bekannt. Wir stellen viele Ähnlichkeiten fest, seien es die berufliche Ausrichtung (Berater, Coach), unsere Interessenschwerpunkte (Menschen in den Dialog bringen) oder die familiäre Situation. Überhaupt stellt sich ganz schnell eine entspannte und von viel Lachen geprägte Situation ein. Und so fällt es leicht, offen und spontan auch sehr persönliche oder schwierige Fragen zu beantworten. Fragen dazu, wie wir uns die künftige Arbeitswelt ausmalen, welche Rolle wir und andere Menschen darin einnehmen werden. Ob uns das Angst macht, oder Hoffnung.

Nach mehr als einer Stunde zücken wir dann die von intrinsify gestellten Fragen, um doch mal zu sehen, wo wir übereinstimmen - und wo nicht. Und stellen fest, dass unsere Unterschiede sehr subtiler Natur sind: Antonia findet beispielsweise, dass es durchaus in der Verantwortung von Unternehmen liegt, dafür zu sorgen, dass ihre Mitarbeiter glücklich werden. Ihr geht es dabei um die Schaffung eines Umfelds, in dem man gut und gerne arbeitet. Ich hatte diese Frage zunächst verneint, denn mir geht es um eine starke Mit- und Eigenverantwortung. Jeder Einzelne soll sich einen Beruf suchen, der Freude macht, darin Kompetenz erwerben und das eigene Leben wie auch das Arbeitsumfeld engagiert mitgestalten. Und ich glaube fest daran, dass Menschen nicht zu sehr be-eltert werden dürfen, um nicht in gelernte Hilflosigkeit und eine Anspruchs- und Meckerhaltung zu verfallen. Was Antonia auch so sieht.

Ebenso finden wir es beide müßig, darüber zu diskutieren, ob bzw. in welchem Umfang die Digitalisierung Arbeitsplätze schaffen oder vernichten wird. Ja, wir glauben beide, dass etliche Jobs entfallen werden. Aber eben darunter auch viele, die nur wenige gerne machen, die öde, nicht gut bezahlt sind und unwürdige Bedingungen bieten. Als wichtigeren Diskussionspunkt sehen wir es daher, unsere Energie auf die Neutarierung einer Arbeitswelt zu richten: Eine, in der die so wichtigen Themen wie Bildung, Pflege, ökologisches Wirtschaften u.ä. (wieder) einen Stellenwert finden. Vor allem einen Stellenwert, den breite Teile der Gesellschaft wirklich unterstützen, nicht nur wenige Eliten.

Ob wir und die Gesellschaft die nötige Bereitschaft zur Veränderung mitbringen? Wir glauben ja, denn letztendlich werden wir es wohl ohnehin müssen. Denen, die die erforderlichen Ressourcen haben, wird dies wohl leichter fallen, ergänzt Antonia noch trocken und macht damit einen Punkt. Doch Veränderungen hat es schon immer gegeben (meist auf eigenes Betreiben der Menschen), und wir Menschen haben es auch immer geschafft, sie zu meistern. Warum also stemmen wir so angstgetrieben die Füße in den Boden wie die Esel? Vielleicht weil uns zuviele Bedenken angetragen werden? Oder weil wir zuwenig Zeit darein investieren, uns eine erstrebenswerte Zukunft auszumalen?

Wir reden und diskutieren - und auf einmal steht die Bedienung neben uns und weist uns bedauernd auf die Schließungszeiten hin. Wir sind noch lange nicht fertig mit unserem Gespräch. Doch der Blick auf die Uhr bestätigt, dass es nun Zeit wird, sich wieder unseren privaten Lebensanteilen zu widmen. Liebe Antonia, es war ein Vergnügen; unser nächstes Treffen ist schon fest verabredet. Und danke an intrinsify.me für die Initiative und Koordination - denn wir brauchen in unserer Gesellschaft noch viel viel mehr Diskurs darüber, wie unsere Welt sich weiterentwickeln soll und was wir dafür tun wollen!

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Kommentare: 2
  • #1

    Jürgen Böhme (Freitag, 29 September 2017 22:14)

    Da ich an einem volldigitalen Arbeitsplatz arbeite, kann ich zu diesem Thema etwas beisteuern. Zum Beispiel hätte ich die Frage, wie Sie sich einen digitalen Arbeitsplatz vorstellen. Wie genau sieht ein digitaler Arbeitsplatz aus? Was für Tätigkeiten führt man an einem digitalen Arbeitsplatz aus? Viele Leute wünschen sich flache Hierarchien. Geht es ohne Vorgesetzte? Wie macht man in einem digitalen Arbeitsumfeld Karriere?

  • #2

    Claudia Schleicher (Samstag, 30 September 2017 09:08)

    Guten Morgen, Herr Böhme,

    ich denke, "den" digitalen Arbeitsplatz wird es nicht geben. In der Produktion wird es zunächst eher um Schnittstellen zu Robotern gehen oder um den Einsatz von Virtual Reality. Im Büroumfeld geht es vielleicht eher um die Automatisierung von Prozessen, Recherchen, Routinearbeiten. In den sozialen Bereichen vielleicht beides Doch letztendlich denke ich, wird jeder Arbeitsplatz anders aussehen - und viele so, wie wir es uns heute noch garnicht ausmalen können. Vielleicht können Sie als IT-Experte ja Ihre Erfahrungen und Visionen einmal schildern?

    Die Chancen, die ich dabei sehe, ist, dass wir uns von den Aufgaben befreien, die eher verwalterischer Natur sind, und uns denen widmen, die wirklich Wert stiften - für uns, für unsere Kunden, für unsere Gesellschaft. Die uns als Welt weiterbringen. Außerdem glaube ich, dass Mitarbeiter sich ganz bereits heute anders über das Geschehen in und um Ihr Unternehmen informieren und ein Bild machen können - und damit auch proaktiv auf die Entwicklungen einwirken können. Vernetzung (der Menschen, nicht nur der Daten) in und über das organisationale Umfeld ist möglich und damit auch Meinungsbildung, Einflussnahme, Mitgestaltung. Es ist die Chance auf Emanzipierung aller Beteiligten. Und ja, ich glaube, es geht auch (mittel-/langfristig) ohne Vorgesetzte, wenn sich ein jeder als mündiger Bürger/Arbeitnehmer/Unternehmer in eigener Sache begreift. Und "Karriere"? Wäre nicht die bessere Frage, was man erlebt und erreicht haben möchte, wenn man am Ende eines gelungenen Lebens steht?

    Danke für Ihre Fragen und die Diskussion, ich freue mich! Ihnen ein schönes Wochenende!